Der Silber-Ahorn am Kölner Theodor-Heuss-Ring war früh dran, ihm reichte es schon im Februar mit dem winterlichen Grau. Er blüht farbenfroh - zumindest, wenn man genau hinsieht oder eine Kamera mit Teleobjektiv bemüht, denn seine Blüten sind klein:
Der Silber-Ahorn ist stets einer der ersten Bäume, die den Hummeln und Bienen etwas bieten können, wenn der Spätwinter oder das Vorfrühjahr warm genug ausfallen ist für frühe Sammelflüge. Nach dem praktisch ausgefallenen Winter 2019/2020 hat er in Köln besonders schnell losgelegt.
Im Park am Theodor-Heuss-Ring stehen zwei Exemplare des Silber-Ahorns (Acer saccharinum), der schon im Januar mit schwellenden Knospen auf den bevorstehenden Saisonstart aufmerksam macht. Unter der attraktiven Schuppenborke steigt bei Temperaturen über Null bereits eine zuckerhaltige Flüssigkeit auf, die auch im Artnamen wiederzufinden ist und die Energie für die Blüten und den später folgenden Blattaustrieb anliefert:
Dieses imposante Exemplar hat einen verdrillten Stamm, der in Brusthöhe einen Umfang von knapp 320 Zentimetern aufweist, also gut 180 Jahre alt sein dürfte:
Laut Baumkataster ist es allerdings nur gut 80 Jahre alt, aber diesem Datenbestand ist bekanntlich nicht zu trauen. Ein Stück weiter im Norden, an der Kreuzung Inneren Kanalstraße/Niehler Straße, habe ich etwas versteckt drei weitere Silber-Ahorne entdeckt. Das mächtigste Exemplar verzweigt sich bereits gut einen Meter über dem Boden in vier dicke Hauptäste. Direkt unterhalb der Verzweigung hat es einen Umfang von gut 440 Zentimetern; demnach ist es etwa 250 Jahre alt:
Während das alte Herbstlaub im Park am Theodor-Heuss-Ring fast komplett eingesammelt wurde, liegen hier in der Kuhle zwischen den vier Hauptästen noch alte Blätter, die mir die Artbestimmung erlaubt haben. Die tiefen Einschnitte zwischen den spitz auslaufenden Lappen sprechen eindeutig für den Silber-Ahorn; sogar die namensgebende Färbung (oder vielmehr Nichtfärbung) der Blattunterseite ist noch auszumachen:
Der Silber-Ahorn neigt, wenn er in Parks und an Straßen einzeln steht statt im Wald, zu Zwieseln (also zur Mehrstämmigkeit) und zum seitlichen Austreiben am Stamm. An diesem Exemplar aus der Dreiergruppe hat sich ein regelrechter Ring aus solchen "Knubbeln" gebildet, die aber entweder gezielt zurückgeschnitten wurden, um den Haupttrieb zu stärken, oder von sich aus das Wachstum eingestellt haben:
Mit geradezu kindlicher Freude habe ich festgestellt, dass es stimmt, was in der Literatur über ältere Silber-Ahorne steht: Sie haben ein relativ weiches Holz und neigen zu Windbruch. Nach den Winterstürmen hier in Köln hat es nicht nur eines der drei Exemplare an der Inneren Kanalstraße erwischt, das zum einen von Misteln befallen ist und zum anderen einen seiner Hauptäste eingebüßt hat:
Auch einer der zwei Silber-Ahorne am Theodor-Heuss-Ring weist in seiner Krone (in der übrigens jedes Mal, wenn ich dort vorbeikomme, mindestens eine Krähe und eine Taube sitzen) frische Brüche auf:
Das weiche Holz des Ahorns ist sehr hell, und man erkennt keine Grenze zwischen dem bei anderen Bäumen oft dunkleren Kern- und dem äußeren Splintholz:
Dass hier eine Fliege an dem noch relativ frischen Bruch sitzt, könnte mit der bereits erwähnten Zuckerlösung zusammenhängen. Die Nährstoffe, die der Baum in der vorangegangenen Vegetationsperiode durch Photosynthese gewonnen hat, waren den Winter über in den Wurzeln und im Stamm eingelagert und steigen im Vorfrühjahr auf. Spechte und Nagetiere laben sich gerne daran, indem sie die Rinde aufhacken beziehungsweise anknabbern. Und auch Menschen zapfen den aus Nordamerika stammenden Silber-Ahorn (ähnlich wie den Zucker-Ahorn, Acer saccharum) gezielt an, um aus ihm Ahornsirup zu gewinnen.
Zwei bis drei Wochen später, am 12. März, habe ich die Silber-Ahorne erneut besucht, um zu sehen, wie weit sie jetzt sind. Hoppla, das ging schnell: Die Nasenzwicker-Produktion ist schon in vollen Gange, bald können wir uns die Ahornfrüchte auf den Nasenrücken kleben:
An einer zu Boden gefallenen Blütendolde kann man die Umwandlung der Blüten in Früchte gut nachvollziehen. Das Rot weicht allmählich dem Grün, und die Flügel sind noch behaart:
Spechte und Mäuse habe ich hier noch nicht beim Zuckersaft-Naschen beobachtet. Vielleicht beim nächsten Besuch.