Nach der Einführung in die Lebenweise der Silber-Weide im ersten Teil stelle ich heute einige Lebewesen vor, die auf oder von diesem Baum leben oder ihn zumindest ab und zu besuchen. Einmal tropfte mir etwas auf den Kopf, als ich unter einer der Weiden am Molenkopf stand - obwohl es nicht regnete. Es war die sogenannte Kuckucksspucke:
Sie stammt nicht vom Kuckuck, sondern von einem kleinen Insekt: der Weidenschaumzikade.
Wenn man den Schaum vorsichtig beiseite streicht, findet man ihre Larve:
Sie erzeugt den Schaum, indem sie am Hinterleib Luft aus ihrer Atemhöhle mit einem schleimigen Zucker-Eiweiß-Gemisch aus ihrem After vermischt. Das Schaumnest verbirgt sie vor Fressfeinden, und vor allem verhindert es, dass die Larve in niederschlagsfreien Zeiten austrocknet.
In einigen Weiden tauchten auch wesentlich größere weiße Gebilde auf: die Gespinste der Weiden-Gespinstmotte.
Trotz des starken Raupenbefalls (vielleicht durch den milden Winter) bleibt an gesunden Weiden genug Laub intakt, um Photosynthese zu treiben und weiterzuwachsen. Die Raupen und die Gespinste sind für Menschen harmlos, ganz anders als die Härchen der Prozessionssspinner-Raupen, die dieses Jahr an vielen Eichen zu finden sind.
Während manche Zweige durch den Raupenfraß ziemlich gerupft wirken, gibt es an anderen einen Überschuss an Grün, das aber auch nicht wirklich gesund aussieht. Das sind die sogenannten Wirrzöpfe:
Diese deformierten Sprosse werden durch Gallmilben ausgelöst, winzige Spinnentiere, die aber nur vier statt acht Beinen haben. Sie leben im Inneren der dichten Gebilde, die am Ende der Vegetationsperiode verholzen und im nächsten Jahr zum Beispiel so aussehen:
Wirrzöpfe sind für den Baum harmlos. Wie die winzigen Gallmilben das System der Phytohormone zu ihren Gunsten manipulieren, sodass der Baum ihnen ein großes Haus baut, wäre allerdings mal einen eigenen Beitrag wert.
Auch das tote Holz alter Weiden ist für viele Lebewesen (von Insektenlarven bis zu Pilzen) noch ein gefundenes Fressen. Hier hat irgendjemand in die Schnittflächen des zweibeinigen Weidenrests aus dem vorigen Beitrag runde Löcher gebohrt:
Im Wurzelbereich der alten Bäume bilden sich Fruchtkörper von Baumpilzen:
Als ich mir gerade die verschiedenen Weiden-Bewohner ansah, schwirrte eine wunderschöne große Hornisse heran - keine der sogenannten "Killer-Hornissen", also der Asiatischen Riesenhornissen, die neuerdings die USA und Kanada unsicher machen, sondern die normale einheimische Hornisse (Vespa crabro), die bekanntermaßen friedlich bleibt, wenn man sie nicht zu sehr ärgert:
Dieses schöne Tier leckte eifrig den zuckrigen Pflanzensaft von den Ästen der Weide. Aber wie kam der leckere Saft da überhaupt hin? Ich habe diese Gesellen in Verdacht:
Blattläuse treten dieses Jahr in Massen auf, auch in meinem Balkon-Gemüsegärtchen. Dafür dürfte der ausgefallene Winter verantwortlich sein, den die Brut des Vorjahres gut überstanden hat. Wie man hier sieht, sind die Weidenzweige in ihrer Nähe so klebrig, dass die Samenwolle der herumfliegenden Weiden- und Pappelsamen an ihnen festklebt.
Wo sich viele Blattläuse und andere nährstoffreiche Insekten aufhalten, sind Raubinsekten nicht fern. Hier ein insektenfressender Variabler Weichkäfer (Cantharis livida), der seinen Namen den entweder rotbraun (wie hier) oder aber grauschwarz gefärbten Flügeldecken verdankt:
Mit Abstand am auffälligsten war dieses Frühjahr aber ein anderer massenhafter Weidenbesucher, den ich anfangs für die Larve des Zweiundzwanzigpunkt-Marienkäfers hielt:
Weit gefehlt! Tatsächlich ist es der treffend benannte Gefleckte Weidenblattkäfer. Ihn stelle ich im dritten Beitrag vor.