Muster- und Strukturenratebild, Februar 2012
(Zur Erklärung bitte weiterlesen)
Irgendwas mit Wasser und mit Schatten? Genau. Vermutlich haben viele dieses Muster schon einmal gesehen. Hier ein weiterer – leider unscharfer – Bildausschnitt mit ein wenig mehr Kontext:
Der kleine Fisch ist es nicht, der den eigentümlichen fünfteiligen Schatten wirft – vielmehr das andere Tier, das sich auf der Wasseroberfläche bewegt. Und zwar nicht allein, sondern umgeben von zahlreichen agilen Artgenossen:
Es sind Wasserläufer, die an einem sonnigen Tag auf einem Bach in der Toskana herumlaufen und eigenartige Schattenblüten auf dessen Grund zaubern. Welches Tier zu welchem Schatten gehört, ist bei schrägem Lichteinfall und ebenfalls schrägem Kamerablickwinkel gar nicht so leicht zu ermitteln.
Aber wie kann ein zartes, dürres Insekt einen so voluminösen und mehrteiligen Schatten werfen? Auf einer weiteren Toskana-Wanderung kamen wir an einem Zier- und Fischteisch vorüber, auf dem ebenfalls Wasserläufer unterwegs waren. Hier erlaubten die Lichtverhältnisse und die spiegelglatte Oberfläche des stehenden Gewässers Nahaufnahmen, anhand derer sich diese Frage beantworten lässt:
Die Füße der zu den Wanzen zählenden Wasserläufer sind mit feinen, wasserabweisenden Haaren bedeckt, sodass die leichten Tiere dank der Oberflächenspannung des Wassers nicht untergehen. Die beiden hinteren Beinpaare streckt das Insekt weit von sich, sodass die Füße vier schalenförmige Dellen in die Oberfläche drücken. Das dritte, kürzere Beinpaar, das zum Beutefang benutzt wird, setzt das Tier dicht nebeneinander vor seinem Kopf aufs Wasser auf, was für zwei weitere Dellen sorgt, deren Schatten am Grund eines flachen Gewässers zu einem Fleck verschmelzen können.
Auf der folgenden Nahaufnahme erkennt man außerdem die nach vorne gerichteten Fühler sowie die kurzen Flügel des Insekts.
Beobachtet haben wir die Wasserläufer auf einem stark veralgten Karpfenbecken vor dem wuchtigen Kloster Vallombrosa:
Eigentlich wollten wir von dort aus eine längere Wanderung unternehmen, aber im Wald rings um das Kloster lauerten zahllose ausgesprochen blutrünstige Bremsen: Wir konnten nirgends stehen bleiben, um zu verschnaufen, Fotos zu machen oder uns zu orientieren. Nach kurzer Zeit verloren wir die Lust und die Orientierung – und kehrten zum Kloster zurück. Der wuchtige Bau wirkt recht abweisend:
Aber wenigstens passt der Name zum Thema dieses Musters des Monats: Vallombrosa ist das "Schattental".
Auf diesem Stich aus dem Jahre 1750 ist der Karpfenteich übrigens mit etwas gutem Willen am linken Bildrand zu erkennen. Hat womöglich schon Galileo Galilei als Novize in Vallombrosa die Wasserläufer beobachtet und sich Gedanken über trügerische Perspektiven und Projektionen gemacht?