Sogenannte Schneckenkönige – Gehäuseschnecken mit einem linksgewundenen Haus – sind extrem selten, und ihr Defekt vererbt sich nur über die "Mutter": dasjenige zwittrige Elterntier, das die Eizelle beisteuert. Denn die Windungsrichtung wird schon bei der ersten, asymmetrischen Teilung der befruchteten Eizelle festgelegt, die durch die "mütterlichen" Proteine im Cytoplasma determiniert ist.
Wie Angus Davidson und seine Mitarbeiter von der University of Nottingham nun herausgefunden haben, beschränkt sich der Spiegel-Effekt zumindest bei Spitzhorn-Schlammschnecken (Lymnaea stagnalis) nicht auf das Gehäuse: Auch die einseitige Verschmelzung zweier Nervenknoten, die das Paarungsverhalten steuern (Parietal- und Viszeralganglion), ist bei den Schneckenkönigen gespiegelt.
Der falsche Dreh
Das Tier, das bei der jeweiligen Paarung die Rolle des Männchens übernimmt und auf das Gehäuse des "Weibchens" kriecht, dreht sich auf der Suche nach der Geschlechtsöffnung, in die es die Samenzellen abgeben möchte, gegen den Uhrzeigersinn. Sitzt es dabei auf einem Schneckenkönig (der in diesem Fall besser Schneckenkönigin heißen sollte), so wird er nicht fündig, und die Paarung misslingt. Ist es selbst ein Schneckenkönig, dreht es sich im Uhrzeigersinn, sodass es ebenfalls nicht zu einer Befruchtung kommt.
Aus der Tatsache, dass sich die sogenannte zerebrale Lateralität – die anatomische und funktionale Asymmetrie des Gehirns – bei Schnecken, Säugetieren und weiteren Klassen des Tierreichs mehrfach unabhängig entwickelt hat, schließen die Foscher, dass eine solche Arbeitsteilung der Gehirnhälften deutliche Leistungssteigerungen ermöglicht und somit Selektionsvorteile mit sich bringt.
Quelle: Davidson, A. et al.: Mating behaviour in Lymnaea stagnalis pond snails is a maternally inherited, lateralised trait. In: Biology Letters 10.1098/rsbl.2008.0528, 2008.
Siehe auch: Von echten und falschen Schneckenkönigen
In der Meeresschneckensammlung der Autorin fand sich bislang kein einziger Schneckenkönig.